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Sind Boutiquenfonds besser?

Redaktion -

Untersuchungen zur Outperformance von Boutiquenfonds

Sind Boutiquenfonds besser als andere Fonds? Gibt es also eine positive „Boutiquenfonds-Prämie“? Die erste wissenschaftliche Antwort auf diese Fragen gab eine 2020 bzw. 2022 veröffentlichte Studie des britischen Finanzwissenschaftlers Andrew Clare von der University of London, der die Performance europäischer Aktien-Fonds unter die statistische Lupe nahm. Auch außerhalb des Elfenbeinturms legten bereits einige Finanzmarktprofis eigene Berechnungen zur vergleichenden Boutiquenfonds-Performance vor. So gab etwa Pro Boutiquenfonds eine erste Antwort zur Prämien-Frage für den deutschen Markt der Mischfonds – unseres Wissens handelt es sich dabei um die bislang einzige Berechnung zur relativen Performance deutscher Fondsboutiquen. Wie Frank Eichelmann von Pro Boutiquenfonds uns mitteilte (siehe Interview in dieser Ausgabe), wird aber in Bälde eine in Kooperation mit einer Universität erstellte neue Untersuchung zum Thema vorliegen. Im Folgenden präsentieren die wichtigsten Ergebnisse der Berechnungen von Clare und Pro Boutiquenfonds.

 

Boutiquenfonds: Outperformance im deutschen Mischfonds-Segment

Pro Boutiquenfonds hat untersucht, ob Mischfonds von unabhängigen Fondsboutiquen mit Sitz in Deutschland ihre Peergroup aus dem Fondsuniversum der anderen Anbieter schlagen können. Berücksichtigt wurden Mischfonds, die schon mindestens 5 Jahre am Markt sind, deren Fondsdomizil Deutschland, Luxemburg, Österreich oder Liechtenstein ist und die in Deutschland zum öffentlichen Vertrieb zugelassen sind.

Outperformance von Boutiquen-Mischfonds – Berechnungen Pro Boutiquenfonds

Quelle: Daten, Berechnungen und Schaubild: ProBoutiquenfonds

Den Pro-Boutiquenfonds-Berechnungen zufolge waren die durchschnittlichen Renditen von Boutiquen-Mischfonds in 6 von 8 Kategorien besser als die des Nicht-Boutiquen-Bereichs. Die stärkste Outperformance war mit 2,1 Prozent in der der Kategorie „Mischfonds EUR-flexibel – Global“ zu beobachten, in der auch die meisten Boutiquenfonds, nämlich 92, für die Studie berücksichtigt werden konnten. Eine bessere Performance als die Peergroup der großen Fonds-Anbieter erzielten Boutiquenfonds zudem in den Mischfonds-Subkategorien „EUR flexibel“, „EUR aggressiv – Global“, „EUR ausgewogen – Global“, „EUR defensiv – Global“ und „EUR ausgewogen“. Eine geringere durchschnittliche Performance von Boutiquenfonds gegenüber der jeweiligen Vergleichsgruppe ergab sich nur bei den Mischfondskategorien „EUR-defensiv“ und „EUR aggressiv“ fest, wobei hier mit 6 bzw. 5 die Zahl der betrachteten Boutiquenfonds mit Abstand am geringsten war.

Boutiquenfonds-Prämie bei europäischen Aktienfonds

Die erste wissenschaftliche Studie zum Thema – die ein peer-review-Verfahren durchlaufen hat und in einer Fachzeitschrift veröffentlicht worden ist – führte Andrew Clare vom Centre for Asset Management der (ehemals Cass, heute) Bayes Business School der University of London durch. Die Ergebnisse legte Clare zunächst 2020 in einer Preprint-Version vor; 2022 ist sie im Journal of Asset Management erschienen (Link siehe unten).

Clare untersucht Aktienfonds europäischer Anbieter, indem er die risikoadjustierten Renditen von Boutiquenfonds mit jenen von Fonds der 120 größten europäischen Assetmanager vergleicht. Datengrundlage sind die Angaben von Morningstar. Seinen Performance-Berechnungen legt Clare zwei verschiedene Ansätze zugrunde: Ein für praktische Anwendungen geeignetes Index-Modell sowie ein für akademische Untersuchungen typisches Faktor-Modell.

Das Index-Modell

Wir beginnen mit dem Index-Modell. Dieses berücksichtigt 9 Aktienindizes von „Global Equity Large Cap“ bis „Global Emerging Markets“. Die beiden zentralen Forschungsfragen lauten: Erstens, können die beiden Fondsgruppen die Indizes schlagen (Alpha)? Zweitens, wie schneiden Boutiquenfonds im direkten Vergleich mit den Fonds der großen Anbieter ab?

Brutto-Rendite vor Kosten

Die Aktienfonds der großen Anbieter erzielten im Index-Modell ein durchschnittliches Alpha von 0,21 Prozent pro Jahr, ihre risikoadjustierte Rendite war also etwas höher als die der Indizes. 46,4 Prozent dieser Fonds konnten ein positives Alpha vermelden. Allerdings waren nur 9,6 Prozent davon statistisch signifikant; bei den negativen Alphas waren es 6,1 Prozent.

Die Aktienfonds der Fondsboutiquen erzielten ein durchschnittliches Alpha von 1,03 Prozent pro Jahr. Der Anteil von Fonds mit positivem Alpha war mit 61,9 Prozent höher als bei der Peergroup, wobei 13,7 Prozent statistisch signifikant waren. Damit waren Boutiquenfonds besser sowohl als die Indizes wie auch als die Vergleichsgruppe der großen Anbieter.

Die Outperformance der Boutiquenfonds gegenüber den großen Fonds betrug 0,82 Prozent pro Jahr.

Netto-Rendite nach Kosten

Sobald man die Kosten berücksichtigt verringern sich im Index-Modell die Performance-Differenzen.

Für die Fonds der großen Anbieter geht das durchschnittliche Alpha gegenüber dem Index von 0,02 auf -0,11 Prozent pro Monat und für Boutiquenfonds von 0,09 auf -0,07 Prozent pro Monat zurück.

Clare weist hier jedoch darauf hin, dass in die Stil-Indizes keine Kosten eingehen, so dass nicht Gleiches mit Gleichem verglichen werde. Wenn schon, dann müsste man hier entsprechende ETFs zugrunde legen.

Die Analyse der Netto-Renditen führt zu zwei wichtigen Ergebnissen: Erstens sind Boutiquenfonds im Durchschnitt teurer als Megafonds. Denn die großen Fondsgesellschaften profitieren insbesondere von Skalenerträgen. Zweitens schneiden beim Vergleich der Netto-Renditen dennoch die Boutiquenfonds besser ab als Fonds der großen Gesellschaften.

Die Boutiquenfonds-Prämie beläuft sich auf 0,56 Prozent pro Jahr.

Clare führt diese Outperformance auf unterschiedliche Gewichtungen zurück. Fonds der großen Anbieter gewichten „Global Large“ und „Mid/Small Caps“ sowie „Europäische Large Caps“ stärker als die Referenz-Indizes. Boutiquenfonds gewichteten europäische „Mid/Small Caps“ stärker.  

Das Faktormodell

Die Performance-Vergleichs-Untersuchung führte Clare auch auf Basis des Fünf-Faktor-Modells von Fama und French durch, das folgende Risiko-Dimensionen berücksichtigt: Markt; Small-Cap; Value; Profitabilität; Investment-Muster. Statistische Berechnungen zeigen, dass dieses Faktor-Modell die für die Fonds relevanten Rendite-Risiko-Eigenschaften etwas weniger gut erfasst als das Index-Modell.

Brutto-Renditen vor Kosten

Das durchschnittliche monatliche Alpha der Fonds der großen Anbieter betrug beim Faktoransatz -0,07 und bei Boutiquenfonds -0,02 Prozent. Beide Fonds-Gruppen können also ein Faktor-Portfolio vor Kosten knapp nicht schlagen. Wie im Index-Modell ist der Anteil von Boutiquenfonds mit positivem Alpha (42,5%) höher als bei den Fonds der Großanbieter (33,1%), wobei auch hier nur ein kleiner Teil statistisch signifikant ist (8,0 bzw. 2,7%).

Beim Vergleich der beiden Fondsgruppen zeigte sich jedoch, dass auch im Faktor-Modell-Rahmen Boutiquenfonds einen Mehrertrag gegenüber den Fonds der großen Anbieter in Höhe von 0,52 Prozent pro Jahr erzielen.

Netto-Renditen nach Kosten

Legt man die Nettorenditen nach Kosten zugrunde, dann ist das Alpha der Boutiquenfonds (mit -0,17%) etwas besser als das Alpha der Fonds der großen Anbieter (mit -0,19%).

Beim Vergleich der beiden Fondsgruppen ergibt sich ein Boutiquenfonds-Premium in Höhe von 0,23 Prozent pro Jahr.

Boutiquenfonds gewichten die Faktoren Marktrisiko, Small Cap, Profitabilität stärker, gewichten aber den Value Faktor und den Investment Faktor schwächer als die Peer-Group.

Ergebnisse für Sektoren

Wie unsere Schaubilder zeigen, sind die Boutiquenfonds-Mehrträge in den einzelnen Aktienfonds-Kategorien verschieden. Im Index-Modell ist die Differenz bei europäischen Mid/Small Caps am größten, hier beträgt die Boutiquenfonds-Outperformance 1,45 (brutto) bzw. 0,94 (netto) Prozent pro Jahr. Die Prämie ist auch bei Global Emerging Markets (b 0,42/n 0,54%) deutlich, wobei hier nach Kosten Boutiquenfonds besser abschneiden als vor Kosten.

Im Faktor-Modell sind Boutiquenfonds insbesondere bei Global Emerging Markets (b 2,14 /n 1,74%) und bei Mid/Small Cap (b 1,86/n 1,04%) deutlich besser. Nur bei den Large Caps global schneiden Boutiquenfonds im Durchschnitt schlechter ab als die Fonds großer Anbieter.

Schluss

Neuere Studien zeigen, dass Boutiquenfonds in der Lage sind, Fonds der Asset-Management-Industrie systematisch zu schlagen. Die erste wissenschaftliche Studie zu Boutiquenfonds-Prämien von Andrew Clare zeigt, dass europäische Boutiquen-Aktienfonds sowohl brutto wie auch netto besser als ihre Peer-Group sind; das gilt insbesondere für „europäischen Small/Mid Caps“ und „Schwellenländer weltweit“.

Auch eine erste Analyse der Mischfonds deutscher Anbieter durch Pro Boutiquenfonds zeigt, dass Boutiquenfonds besser als ihre Peergroup abschneiden, insbesondere in der Fondskategorie „Mischfonds EUR flexibel global“.  

Link zur Studie: Is there a boutique asset management premium? Evidence from the European fund management industry. Journal of Asset Management, 23(1), pp. 19-32.

 

 

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