Marktüberblick

Fondsboutiquen und ihre Boutiquenfonds

Redaktion -

Marktentwicklung in Deutschland – ein kurzer Überblick

Fondsboutiquen fallen zunächst einmal durch linguistische Kompaktheit auf. Vertauscht man nämlich die Reihenfolge der beiden Wortkomponenten, erhält man sofort das Produkt von Fondsboutiquen: Boutiquenfonds. Diese Symmetrie hat sprachökonomische Vorteile und man kann sich deshalb fragen, ob sie auch ein gutes Omen für finanzökonomische Vorteile ist? In der aktuellen Ausgabe werden wir diese Frage in einem separaten Artikel beantworten, der sich mit der Möglichkeit von Boutiquenfonds-Prämien befasst. Bevor wir aber dazu kommen, möchten wir zuerst einen kurzen Blick auf die Marktentwicklung der deutschen Fondsboutiquen werfen.
Wir verwenden dazu Daten für den Zeitraum zwischen 2019 und 2023, die die Branchenexperten von Pro BoutiquenFonds aufbereitet und zur Verfügung gestellt haben.

Marktentwicklung bei Boutiquenfonds

Der Markt für Produkte deutscher Fondsboutiquen zeigte in den letzten Jahren eine kontinuierliche Aufwärtsdynamik. Ende 2023 waren nach Angaben des jüngsten BoutiquenFonds Radars (04/2023) 1079 Boutiquenfonds auf dem Markt. Ende 2019 waren es 975 Boutiquenfonds; seither hat sich also die Zahl um nicht ganz 11 Prozent erhöht. Deutlich stärker war der Anstieg des Volumens, in den jedoch auch die Wertentwicklung eingeht. Das Anlagevolumen der Boutiquenfonds steigerte sich von Ende 2019 bis Ende 2023 von 112,4 Mrd. Euro auf 143,8 Mrd. Euro, das entspricht einem Wachstum von rund 28 Prozent.

Ende 2023 entfielen 59 Prozent des Volumens aller Boutiquenfonds auf Mischfonds, 25 Prozent auf Aktien-, 11 Prozent auf Sonstige, 4 Prozent auf Alternative Fonds. Damit sind Mischfonds die mit Abstand volumenmäßig größte Fondskategorie unter Boutiquenfonds.

Boutiquenfonds konnten ihre Anteile am deutschen Fondsgesamtmarkt in den letzten Jahren steigern. Das ist insbesondere Ergebnis der Zunahme bei den Mischfonds mit ihrem hohen Gewicht unter Boutiquenfonds.
Boutiquen-Mischfonds machten 2019 noch 20,3 Prozent aller Mischfonds des Gesamtmarktes aus, 2023 waren es 25,9 Prozent.
In anderen Fondskategorien waren die Boutiquenfonds-Anteile am jeweiligen Gesamtmarkt kleiner. Im Rentensegment erhöhten Boutiquenfonds ihren Anteil von 2019 bis 2023 leicht auf 7,9 Prozent, im Aktiensegment hielten sie ungefähr ihr Niveau mit rund 6 Prozent, allein bei Sonstigen ging der Gesamtmarkt-Anteil in den vergangenen vier Jahren nach unten (siehe Grafik 1).

Für das vergangene Jahr registrierten die Marktbeobachter von Pro BoutiquenFonds 51 Fondsneuauflagen, nach 45 im Vorjahr. Dabei hat sich 2023 der Anteil der Anleihe-Fonds an den Neuauflagen gegenüber dem Vorjahr erhöht, Mischfonds hielten ihre Quote und bei Aktienfonds reduzierte sie sich.

Grafik 1

Quelle: Pro BoutiquenFonds

Mittelaufkommen

Das Mittelaufkommen bei Boutiquenfonds war zwischen 2019 und 2022 pro Jahr jeweils positiv, d.h. es flossen mehr Mittel zu als ab. Nur 2023 flossen per saldo Mittel ab. Die größten Mittelzuflüsse in den vier Jahren des Betrachtungszeitraum erfolgten 2021 mit plus 14 Mrd., gefolgt von 2020 mit plus 12,5 Mrd. und 2019 mit plus 7 Mrd. Euro. 2023 zogen Anleger aus den erfassten Boutiquenfonds dann Gelder in Höhe von 5,2 Mrd. ab.

Höhe und Vorzeichen des Mittelaufkommens sind auch stark abhängig von der Güte der Fonds. Pro BoutiquenFonds hat diesen Zusammenhang auf Basis des Morningstar-Ratings risikoadjustierter Renditen untersucht (Zur Erinnerung: Die besten 10 Prozent einer Fondskategorie erhalten 5 Sterne, die folgenden 22,5 Prozent bekommen 4 Sterne, die mittleren 35 Prozent 3 Sterne und 2 sowie 1 Sterne verhalten sich symmetrisch zu 4 und 5 Sternen.)
2022 und 2023 verzeichneten nur die Boutiquenfonds mit einem 5-Sterne-Rating per saldo jeweils einen Mittelzufluss. Hingegen zogen die Anleger aus Boutiquenfonds mit 4- bis 1-Sterne-Rating in beiden Jahren Mittel ab, wenngleich die Abflüsse 2023 deutlich größer waren als 2022. Nur bei Fonds ohne Rating bzw. zu kurzer Kurshistorie gab es Unterschiede auch beim Vorzeichen: Das Mittelaufkommen war 2023 leicht negativ, 2022 deutlich positiv. Hier spielt eine Rolle, dass Fonds ohne Rating in der Regel Neuauflagen sind, die eher positiv eingeschätzt werden (siehe Interview mit Frank Eichelmann in dieser Ausgabe).

Grafik 2

Quelle: Pro BoutiquenFonds


Offenbar waren also Boutiquenfonds mit dem höchsten Morningstar-Rating attraktiv genug sind, um auch im „Jahr der Abflüsse“ 2023 per saldo Zuflüsse zu motivieren. Dabei ist die Differenz zwischen 5 Sternen und dem Rest am stärksten ausgeprägt: 2022 betrug die Mitteldifferenz zwischen der 5- und der 4-Sterne-Kategorie 3,939 Mrd. Euro; 2023 waren es 5,627 Mrd. Euro. Diese Mitteldifferenz ist zwischen allen anderen benachbarten Ratingkategorien deutlich geringer. Anleger lassen sich also deutlich von der vergangenen Performance in ihrem Investitionsverhalten leiten, wobei das Rating „5 Sterne“, also die besten 10 Prozent der von Morningstar bewerteten Fonds, der präferierte Pol ist.

Boutiquenfonds – Volumen

Welche Boutiquenfonds sind derzeit die größten? Ganz vorne im Volumen-Ranking liegt mit weitem Abstand der Flossbach von Storch – Multiple Opportunities, der Ende 2023 auf fast 25 Mrd. Euro kam. Damit steckten in diesem Fonds nicht ganz 17 Prozent aller Geldanlagen in Boutiquenfonds. Unter den „Top Four“ befinden sich allein drei Fonds des Hauses Flossbach von Storch. Die Viererspitzengruppe macht 33 Prozent des gesamten Boutiquenfonds-Volumens aus.
Die Top Ten kommen mit einem Volumen von 65,123 Mrd. Euro auf rund 44 Prozent des Gesamtvolumens. Die Reihe der Top Ten scheint darüber hinaus ganz grob einem Potenzgesetz der Volumenzunahme zu gehorchen („Zipfsches Gesetz“); nur der erstplatzierte Fonds weicht davon deutlich nach oben ab.

Quelle: Pro BoutiquenFonds

Boutiquenfonds – Mittelaufkommen

Im Jahr 2023 verzeichneten nur Rentenfonds einen Mittelzufluss, und zwar in Höhe von 899 Mio. Euro. In den anderen großen Kategorien zogen die Anleger Mittel ab: bei Sonstigen (-425 Mio.), bei Alternativen (-950 Mio.) bei Aktien (1.730 Mio.) und vor allem bei Mischfonds (-2.980 Mio.).

Diese Verteilung reflektierte sich jedoch nur bedingt im Ranking des Mittelaufkommens je Boutiquenfonds, zumindest wenn wir die ersten Vier betrachten. Zwar steht auf Rang 1 mit deutlichem Abstand ein Rentenfonds, der Flossbach von Storch – Bond Opportunities (im Volumen-Ranking auf Platz 4), der von Morningstar 5 Sterne über 5 und mehr Jahre erhält. Aber auf den drei Folgerängen stehen andere Fondskategorien. Auf Rang 2 kommt mit dem Acatis Value Event Fonds ein Mischfonds (EUR flexibel – Global), der gleichfalls 5 Morningstar-Sterne über 5 und mehr Jahre erhält. Auf Rang 3 steht der Empureon Volatility One Funds, der zu den Alternativen zählt (Neuauflage 2023, daher ohne Rating). Auf Platz 4 rangiert der DC Value Global Balanced, ein Mischfonds (EUR ausgewogen – Global), der mit 5 Sternen über alle Zeiträume werben kann. Auch hier zeigt sich: Das Qualitätsmerkmal, dass ein Fonds zur Performance-Spitzengruppe gemäß Morningstar gehört, ist wichtiger als die Fondskategorie.

Quelle: Pro BoutiquenFonds

Fondsboutiquen – Mittelaufkommen

Beim Mittelaufkommen in Bezug auf Fondsboutiquen hat sich die Rangfolge im Jahr 2023 gegenüber dem Vorjahr deutlich verändert. BoutiquenFonds Radar Q4/2023 konstatiert: „Die erfolgsverwöhnten Fondsboutiquen aus dem Jahr 2022 finden sich weitgehend nicht in der Spitzengruppe der Adressen“). Unter den Top Ten 2023 befinden sich nur drei Boutiquen aus den Top Ten 2022 (Gané, Source For Alpha, Aquantum). Aus Platzgründen führen wir hier nur die ersten Vier an. Bemerkenswert Empureon Capital Management. Hier handelt es sich um eine Neugründung, deren Kern das alte Management-Team des Optoflex um Daniel Lucke besteht und mit Optionsstrategien Anleger überzeugen konnte (Rang 4 bei Mittelaufkommen Fonds).

Quelle: Pro BoutiquenFonds

Fazit

Die deutsche Boutiquenfondsbranche hat in den vergangenen vier Jahren stetig zugelegt, was insbesondere an Mischfonds lag, die ein Viertel des Volumens des gesamten Mischfondssegments in Deutschland ausmachen. Die Zinsanstiege seit 2022 haben aber die Fondspräferenzen in jüngster Zeit verändert: 2023 flossen Mittel aus Mischfonds ab, während Rentenfonds Zuflüsse erhielten. Mehr noch als die Fondskategorie scheinen aber Erfolgszeichen in puncto Performance das Investitionsverhalten der Boutiquenfonds-Kunden zu beeinflussen. Kunden suchen demzufolge bevorzugt Spitzenprodukte, wenn sie sich für Boutiquenfonds entscheiden.

 

 

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