Gastbeitrag

Der ELTIF: Für Privatanleger der Schlüssel zu neuen Investmentchancen

Gastautor -

Von Dirk Drews, Global Head of Sales Private & Business Clients, Commerz Real

Seit 2015 bereits gibt es den „European Long Term Investment Fund“, kurz ELTIF. Den ELTIF-Regularien unterliegende Anlagevehikel eröffnen auch Privatanlegern die Möglichkeit, diversifiziert in Assetklassen zu investieren, die zuvor institutionellen Investoren vorbehalten waren oder in die sich nur über geschlossene Fondsstrukturen investieren ließ – vor allem Real Assets. Eines der Ziele war es, mehr privates Kapital in Sektoren wie erneuerbare Energien oder Infrastruktur zu lenken. Allerdings gibt es auch einige Hürden – die jetzt gesenkt werden sollen. Damit könnte dem ELTIF der große Durchbruch gelingen.

Mit der ELTIF-Struktur hat die europäische Gesetzgebung ein Rahmenwerk geschaffen, das unter anderem den europaweiten Vertrieb von Private-Market-Fonds – also Fonds, die in Sachwerte abseits der börsennotierten Wertpapiere investieren – erleichtern sollte. Dahinter stand die Intention, privaten Unternehmen den Zugang zum Kapitalmarkt zu erleichtern und europäische Infrastrukturprojekte – etwa der Energiewende – für private Investitionen zu öffnen. Bislang liegen die Hürden für Privatanleger allerdings hoch: Besitzen sie ein verfügbares Anlagevermögen von weniger als 500.000 Euro, dürfen sie nicht mehr als zehn Prozent ihres Vermögens investieren – bei einer Mindestzeichnung von 10.000 Euro. In der Folge können bis dato nur Privatanleger mit einem Vermögen von mindestens 100.000 Euro zeichnen, viele Kleinanleger waren dadurch bei der grundsätzlich attraktiven ELTIF-Struktur außen vor. Damit ließ die EU für den Erfolg des eigentlichen Ziels von ELTIFs, die europäische Realwirtschaft durch Investitionen aus privatem Kapital zu stärken, eine nicht zu unterschätzende Anlegergruppe unberücksichtigt.

Mit der Neuregulierung von ELTIFs, die seit Anfang des Jahres in Kraft getreten ist, entfallen diese Hürden: kein Mindestvermögen ist mehr vonnöten, keine Mindestanlagesumme mehr für die Zeichnung erforderlich. Allerdings gibt es aktuell noch einige Unklarheiten in Detailfragen (u. a. Regulatory Technical Standards, RTS) bezüglich des „ELTIF 2.0“, die sich aber im Laufe des Jahres klären sollten.

ELTIFs nahmen nach Corona Fahrt auf

Auch wenn bereits vor einem Jahr erschienen, gewährt die bisher prominenteste Marktstudie zu dem Thema, verfasst von der Rating-Agentur Scope, Einblicke in die bereits vor der Reform angelaufene Dynamik des ELTIF-Markts: Demnach waren Ende 2022 insgesamt 11,3 Milliarden Euro in 77 ELTIF-Strukturen angelegt.

Das mag sich zunächst nach einem Tropfen auf den heißen Stein anhören, doch die Dynamik dahinter war schon damals bemerkenswert: Gegenüber 2021 wuchs das Volumen um mehr als die Hälfte. Das gilt vor allem bei Privatanlegern. Sowohl französische als auch italienische Privatanleger investierten zunehmend in ETLIFs. Obwohl die Hürden also hoch waren, zogen ELTIF-Strukturen Privatanleger in Europa an. Scope schätzte das Potenzial für den ELTIF noch vor den Änderungen im Regelwerk auf 35 Milliarden Euro an platziertem Kapital für 2028 im Basisszenario bzw. möglichen 50 Milliarden bei einem dynamischen Szenario. Die Neuerungen rund um ELTIFs dürften den Privatmarkt eben diese Dynamik hinzugewinnen lassen, senken sie die Hürden doch deutlich. Noch optimistischer ist die internationale Alternative Investment Management Association (AIMA): Ihren Schätzungen nach könnte das in ELTIFs angelegte Volumen in den nächsten fünf Jahren die 100-Milliarden-Euro-Marke überschreiten.

Kleinanleger und Institutionelle investieren Seite an Seite

Neben Änderungen bei der erlaubten Allokation, den erlaubten Investments und den Strukturierungsmöglichkeiten für die Managementseite sind vor allem zwei Änderungen für die Anlegerseite interessant, die den Markt für ELTIFs umkrempeln dürften: Sowohl die bürokratielastige Eignungsprüfung als auch die Mindestzeichnung entfallen und erlauben mehr Privatanlegern den Zugang zu ELTIFs. Gerade die Möglichkeit zur Investition in Sachwerte wie Infrastruktur zur erneuerbaren Energieerzeugung dürfte Privatanleger, die bisher keinen Zugang zu solchen Anlageinstrumenten hatten, ansprechen. Wie institutionelle Anleger erhalten sie nun die Möglichkeit, an „Private Markets“ – in Unterscheidung zu den „Public Markets“, den Wertpapier-Börsen – in Sachwerte zu investieren und damit ein besseres Diversifikations- und Renditepotenzial zu bekommen. Der illiquidere und komplexere Private Market erlaubt schließlich Prämien für die höhere Illiquidität und Komplexität der Investments in Immobilien, Solar- und Windparks, weitere Sachwerte, Private Equity und Private Debt. Gleichzeitig gibt der ELTIF gewisse Standards vor, was die Struktur und die Transparenz der Produkte betrifft. Wie man es von Immobilien kennt, bieten außerdem gerade Sachwerte einen guten Schutz vor Inflation, der nun auch Kleinanlegern zugutekommt.

Weitere Bestandteile der ELTIF-Reform sind die Lockerungen bei der Asset-Anbindung durch das Fondsmanagement. Bisher durfte ein einzelnes Asset maximal 10 Prozent der Gesamtallokation ausmachen, künftig werden es 20 Prozent sein. Gerade bei der Finanzierung von großen Infrastrukturprojekten wie Solar- und Windparks wird diese Lockerung sehr hilfreich sein. Das Mindestinvestitionsvolumen von zehn Millionen Euro pro Asset sinkt auf eine Million, was auch kleineren Fondsanbietern die Teilnahme am ELTIF-Markt erlaubt. Und die zulässige Fremdkapitalquote steigt von 30 auf 50 Prozent, wobei das Fremdkapital dann auch zur Liquiditätssicherung eingesetzt werden darf. Insgesamt wird der ELTIF damit als Fondsstruktur deutlich flexibler einsetzbar.

ELTIF 2.0 ist der Startschuss zu neuer Dynamik

Die Änderungen für ELTIFs, die in der öffentlichen Diskussion mittlerweile als ELTIF 2.0 bezeichnet werden, dürften maßgeblich dazu beitragen, die Finanzierungslücke für Infrastrukturinvestitionen in Europa zu schließen. Neben den bereits etablierten ELTIFs, die es unter den bisher geltenden Grenzen für Privatanleger möglich gemacht haben, u. a. am Infrastruktur- und Sachwertemarkt teilzunehmen, ist davon auszugehen, dass Fondsanbieter in diesem Jahr – wie bereits geschehen – weitere neue Produkte auf den Markt bringen werden, die mit entsprechenden Mindestzeichnungssummen und Laufzeiten Kleinanleger ansprechen sollen. Das Angebot wächst und bietet damit mehr Chancen, in unterschiedlichste ELTIFs zu investieren, wird aber auch undurchsichtiger.

Es ist für Anleger demnach sehr wichtig, dass sie sich genau über ihr Investment informieren: Als aktiv gemanagte Investitionsmöglichkeit hängt der Erfolg eines ELTIFs von seinen zugrunde liegenden Assets und dem Fondsmanagement ab. Etablierte Marktteilnehmer, die seit Jahren Fonds begeben und etliche Jahre an Erfahrung am Fondsmarkt, im Assetmanagement und in der Finanzmarktregulierung mitbringen – aber auch mit den jeweiligen Assetklassen –, haben hier den Vorteil. Wenn der ELTIF 2.0 tatsächlich ein Publikumserfolg wird, können mehrere Seiten profitieren: Anleger von neuen Investitionsmöglichkeiten und der Chance, an der Energiewende zu partizipieren, Anbieter von einer erweiterten Produktpalette und nicht zuletzt auch die Gesellschaft, wenn privates Kapital den nachhaltigen Umbau der Wirtschaft und die dringend benötigte Energiewende endlich umsetzen kann.

 

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